Wer schon vor dem heutigen Tag einmal meine Homepage besucht hat, dem ist bestimmt mein neues Logo, meine neue ‚corporate line‘ ins Auge gesprungen. Viel ist gar nicht neu. Das Quadrat ist geblieben, die Linie wurde von der Geraden zum Bogen, nur der magentafarbene Punkt ist wirklich neu dazu gekommen. Doch gerade die andersartige Linie gibt dem Logo den neuen Look.
Über das Quadrat und den Kreis hab ich schon geschrieben. Zwei Formen, die gleichmäßig und symmetrisch sind und sich in ihrer Ausgewogenheit und Vollkommenheit ähneln und doch ganz unterschiedlich sind. Das Quadrat mit seinen Ecken und Kanten und der Kreis, der in seiner Perfektion leicht in Bewegung kommen kann.
Heute geht es um die Linie.
Es gibt frei gezeichnete und konstruierte Linien. Lang, kurz, krumm oder gerade, geknickt, gebogen oder wellig, dick oder dünn. Der Übergang von einer dicken Linie zur Fläche ist wie bei den Punkten fließend. Linien können durchgängig von einem Punkt zum anderen sein, aber auch eine Aneinanderreihung von einzelnen Punkten wird zur Linie, weil das Auge sie zu einer Linie vollendet.
Am PC konstruierte Linien, in ihrer Strichstärke gleichmäßig, wirken immer sauber, egal ob sie gerade, geknickt oder gebogen sind.
Gerade Linien empfinden wir als ordentlich und eher nüchtern. Sie geben Richtungen an oder stellen Verbindungen her. Während geknickte Linien hart und agressiv erscheinen (je spitzer der Winkel desto extremer), sehen gebogene Linien dagegen weich, freundlich und schwungvoll aus.
Diese konstruierten Linien haben den Effekt, dass sie durch ihre Gleichmäßigkeit machmal ohne Spannung wirken.
Anders die freien, von Hand gezogenen Linien, die unterschiedliche Charaktere (zittrig, fahrig, krakelig, ruhig) und Strichstärken je nach Duktus (Art und Belastung des Schreibgerätes) aufweisen können. Spannungsreich wirken die „handgemachten“ Linien schon deswegen, weil es uns nahezu unmöglich ist, den perfekten Kreis oder Halbkreis, die perfekte Gerade zu zeichnen.
Bei Geraden, egal ob konstruiert oder frei, verdeutlicht ein Pfeil die Bewegung oder Richtung. In geschwungenen Linien steckt meist offensichtlich Bewegung. Dabei spielt die Bewegungssymbolik eine wichtige Rolle, ob die Linie aufwärts oder abwärts geht oder ob in einem Logo ein Tier von Links nach Rechts springt oder umgekehrt.
Interessant ist auch, dass wir waagrechte Linien leichter erfassen als senkrechte. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass wir eine Waagrechte als Horizont wahrnehmen. Diesen assoziieren wir mit Weite, Unendlichkeit und Entspannung. Eine Senkrechte zerschneidet den Raum. Wir deuten sie als Aktivität, Stehen oder Entscheidung.
In einer symmetrischen Rundung (Stück eines Kreises) spiegelt sich eine ruhige Bewegung. Ist die Mitte „zweigeteilt“ wie bei einer Elypse, entsteht mehr Spannung und dadurch regt sich einfach mehr.
Ist der Bogen nach oben offen, empfinden wir die Linie freundlich, aufnehmend und offen. Ist sie dagegen nach unten offen, entsteht ein beschützender, geschlossener, aber machmal ein eher negativer Eindruck.
Oft wird bei Logos die Rundung der nach oben offenen Linie so verkürzt, dass ein Häkchen sichtbar wird. Hier interpretieren wir, das ist richtig (wird mit dem Rotstift abgehakt) und es geht mit Schwung steil bergauf.
Das Schöne bei einer Linie ist ganz allgemein, dass es so viele Varianten gibt, unendlich viele. Es gibt nicht nur groß und klein, gerade oder krumm, sondern auch den Unterschied ob die Linie rund oder kantig endet.